Eine Kolumne für... das Kurzzeitgedächtnis

Obwohl ich deutlich jünger bin, geht es mir genau so. Ich weiß 100 pro, wie der erste Ministerpräsident der DDR hieß. Allerdings kann ich nicht mehr fehlerfrei die letzten fünf Trainer des FC Carl Zeiss Jena aufsagen.
Um mich nun auf das Altern vorzubereiten und dem weiteren Verlust des Kurzzeitgedächtnisses vorzubeugen, führe ich feste Rituale ein. So komme ich nicht in die Verlegenheit, mich an Dinge, Vorkommnisse und Ereignisse nicht mehr erinnern zu können. Grüßen mich Menschen auf der Straße, fotografiere ich sie mit meinem Handy, lasse mir ihren Namen nennen, speichere alles zusammen im eigens dafür eingerichteten Ordner „Leute, die ich grüße“ und grüße dann zurück. Im besten Fall ist der grüßende bereits in meinem Mobiltelefon vorhanden, dann wird es deutlich einfacher für mich.
Konnte mit dieser Methode jüngst meine Freundin extremst beeindrucken. Wurde auf dem Altstadtfest von ungefähr 200 Menschen gegrüßt, kurze Rücksprache mit meinem Handy, dann die betreffende Person mit Namen zurück gegrüßt. Meine Freundin bewundernd zu mir: „Wen Du alles kennst!“ Ha, wenn sie wüsste, wenn ich alles nicht kenne, wäre sie wohl noch beeindruckter.
Die von mir entwickelte Merkhilfe funktioniert übrigens auch umgekehrt: Kommt mir irgendjemand mal so richtig blöd, fotografiere ich ihn mit meinem Handy, lasse mir seinen Namen nennen, speichere beides im neu eingerichteten Ordner „Arschloch“ ab, überprüfe im Ordner „Leute, die ich grüße“, ob der Arschloch-Kandidat dort bereits gespeichert ist, falls ja, lösche ich ihn dort heraus und grüße nicht zurück.
Meine geniale Merkhilfe hat nur einen Haken: Was, wenn mein Handy nicht verfügbar ist, weil der Akku aufgeladen werden muss? Oder noch schlimmer, wenn ich mein Handy verlege? Oder ganz übel: Wikileaks mein Handy in die Hände fällt?
Text: Hartfried Ackermann
Foto: pixelio.de