Fast eine Liebesgeschichte

Die Frau lächelte mich an. Es war, so schien mir, kein gewöhnliches Lächeln. So warm, so freundlich, fast zärtlich, vielleicht sogar auffordernd - ermutigend? Sie stand keine drei Meter von mir entfernt, als sich unsere Blicke trafen. Ein Gesicht in der Menge, fremd und bedeutungslos, wäre da nicht dieses Lächeln gewesen. Mich faszinierte das Grün ihrer Augen. Ein Grün, dass ich darin versinken mochte. Ein tiefer Blick, ein ganz tiefer Blick und ich konnte die Augen einfach nicht abwenden. Und sie lächelte noch immer. Die Farbe ihrer Augen bildete einen bezaubernden Kontrast zum Schwarz ihres Haars. Ein Schwarz, das unmöglich echt sein konnte. Egal, sie sah traumhaft aus! Und dieses Lächeln – dieses zum verlieben schöne, aufregende Lächeln! Sollte ich sie ansprechen?
Hm, aber was sollte ich sagen, womit beginnen? „Entschuldigung, ich finde Sie schön?“ – Blöd! Das hatte sie bestimmt schon tausendmal gehört. „Ist das Ihre Naturhaarfarbe?“ – Noch blöder! „Ich bin gerade aus dem Weltall auf die Erde gefallen und ohne Ihre Hilfe finde ich nie wieder zurück zu meinem Heimatplaneten.“ – ...
Ich schwieg und begann mit offenen Augen von ihr zu träumen. Sah sie mit mir Hand in Hand gehen, eisessend und miteinander lachend. Sah uns gemeinsam ins Kino gehen (endlich einmal die Frage der Kassiererin nach dem Kuschelsitz mit ja beantworten!), sie schmiegt sich an mich, gibt mir einen Kuss auf die Wange und wir freuen uns auf den Film. Wir beide bei meinem Lieblings-Griechen, wir beim FC Carl Zeiss und sie weiß sogar, was Abseits ist – o Leben, wie bist Du schön!

Sie hatte meine Schüchternheit wohl bemerkt, denn ich sah, wie sie mit einigen Passagieren sprach und dann immer näher zu mir kam. Prima, dachte ich, jetzt macht sie den ersten Schritt und in Gedanken zerknüllte ich den Brief an Herrn Pflaume. Mein Herz schlug schneller, immer schneller. Voller Vorfreude auf das, was nun unweigerlich passieren musste, sah ich sie an und erwiderte endlich ihr Lächeln. Sie sagte mit fester Stimme: „Die Fahrausweise bitte…“